Es hätte so schön sein können … Da gewinnt man zum ersten Mal in seiner journalistischen Laufbahn eine Auszeichnung, und dann lässt das Coronavirus die Preisverleihung platzen.
Im Frühsommer 2019 arbeitet die Redaktion des ADAC Reisemagazins an der Ausgabe Mallorca, die am 22. August erscheinen soll. Ich darf das Thema Kulinarik übernehmen, und in einer lebhaften Redaktionssitzung kristallisiert sich eine Geschichte heraus: Wir wollen einen Koch oder eine Köchin bei der Arbeit begleiten, die Besitzern oder Mietern einer Finca oder Ferienwohnung die Küchenarbeit abnimmt. Damit die Hausfrau oder der Hausmann den Urlaub nicht am Herd verbringt, sondern Zeit für Familie und Freunde hat.
Mit wenigen Google-Klicks finde ich Caroline Fabian. Die 1979 in München geborene Köchin hat sich mit „Private Cooking“ auf Mallorca selbstständig gemacht. Sie ist sofort „dabei“ und weiß auch spontan, wo wir die Reportage produzieren könnten, auf der Finca Can Salas hoch über der Nordwestküste der Insel. Wenige Tage später ist diese Location gesichert, sind auch die Besitzer des Ferienhauses als Models für die Fotoproduktion verpflichtet. Im August macht die deutsch-spanische Familie Fortuny-Baumann selbst dort Urlaub, statt das komfortable Anwesen an Gäste zu vermieten.
Auf der Insel – eine tolle Zusammenarbeit
Nachdem alle Details mit der Köchin geklärt sind, verabreden uns mit Ingolf Hatz, dem zeitweise auf der Insel lebenden Fotografen der Geschichte, für meinen ersten Abend vor Ort zum Essen. Am 6. Juni treffe ich die beiden vor dem Sa Fulla in Palmas Marktviertel. Uns verbindet die gemeinsame Leidenschaft für Kochen, Essen und Trinken, und selten habe ich ein vergnüglicheres Arbeitsessen erlebt.
Treffpunkt am nächsten Morgen ist der Mercat de Santa Catalina, wo Caroline die Zutaten für das Menü einkauft, Ingolf sie mit Händlern fotografiert und ich mit rudimentärstem Spanisch Marktbesucher davon abhalte, ins Bild zu laufen. Als spontanes Teambuilding tragen wir selbstverständlich zusammen die Einkäufe zu Carolines Auto. Am späten Nachmittag fahre ich mit Ingolf in Richtung Nordwesten zur Finca Can Salas. Ihre Küche ist groß und fotogen, auf der Terrasse stellen wir eine lange Tafel auf, den Hintergrund bilden das Mittelmeer und die Serra de Tramuntana.
Bei der Fotoproduktion helfen alle zusammen
Die Besitzer und gleichzeitig Models der Geschichte treffen ein, auch hier stimmt spontan die Chemie. Um in der knappen Zeit eine bildstarke Fotoproduktion umzusetzen, helfe ich, Teller auf- und abzutragen, Wein einzuschenken und nach dem Menü klar Schiff zu machen. Dazwischen werden Caroline und die Gastgeber interviewt, mache ich mir ausführliche Notizen, auch zu ihren Rezepten, und schieße Handyfotos als Gedächtnisstützen.
Zurück in München. Das Manuskript wird zügig geschrieben, in der ersten Augustwoche kommen die ersten gedruckten Exemplare des Reisemagazins in die Redaktion. Wie nach jeder Ausgabe geht es nahtlos mit der nächsten weiter, und bewusst erinnere ich mich erst wieder an Mallorca, als am 23. Januar 2020 eine Mail mit der Ausschreibung für den Spanischen Journalistenpreis ITB 2020 im Posteingang liegt. Mit der Einstellung „Warum nicht?“ bewerbe ich mich um den „Spain Tourism Award“ und sende die Reportage an das Spanische Fremdenverkehrsamt. Prämiert werden die zwei besten Reisereportagen – je einer in regionalen und bundesweiten Medien – über spanische Destinationen, von Journalisten, die „das Tourismusland Spanien in immer neuen Facetten in Deutschland bekannt machen und damit zum Erfolg des Tourismus in Spanien beitragen“, ausgeschrieben ist der Preis im Auftrag von TURESPAÑA, dem Spanischen Institut für Tourismus. Das alles klingt recht anspruchsvoll, aber Frechheit siegt ja bekanntlich.
Vorfreude auf die Preisverleihung in Berlin
Wieder vergehen ein paar Wochen ohne Gedanken an das Thema. Bis ich nach ein paar Tagen Resturlaub am 25. Februar eine weitere Mail des Spanischen Fremdenverkehrsamtes in Berlin vorfinde. Die Jury, bestehend aus MitarbeiterInnen von „die tageszeitung“, „Die Zeit“ und des Spanischen Fremdenverkehrsamtes Frankfurt zeichnet meinen Beitrag mit dem Preis in der Kategorie „Bundesweite Medien“ aus. Und die Preisverleihung soll im Rahmen der ITB-Abendveranstaltung „Noche de España“ am 4. März in der Botschaft Spaniens stattfinden. Ich freue mich über diese Anerkennung unserer Arbeit, genauso Caroline, die Protagonistin, und Ingolf, der Fotograf. Schnell werden Dienstreise samt Bahnfahrt und Übernachtung organisiert. Und ich frage eine Kollegin, die ebenfalls zu dieser Zeit in Berlin ist, ob sie mich begleitet, denn: „Selbstverständlich dürfen Sie in Begleitung Ihrer Redaktionskollegen*innen kommen.“
Und dann zieht das Coronavirus seine Kreise. Erst sagen einzelne Destinationen ihre Teilnahme an der ITB ab, dem Rahmen der Noche de España. Am 28. Februar dann wird die weltgrößte Tourismusmesse storniert. Am folgenden Montag teilt das Spanische Fremdenverkehrsamt mit, dass in der Folge auch die meisten der anderen Preisträger und Gäste nicht zur Noche de España kommen werden und die „Veranstaltung nicht mal in einem kleinen Rahmen stattfinden kann.“ Ich verstehe das, die Situation ist zu diesem Zeitpunkt unübersichtlich und unvorhersehbar. Es ist zwar schade, aber die Anerkennung bleibt ja. Und der Award wird mir irgendwann per Post zugeschickt. Den kann mir Corona nicht verderben.
PS: Am 9. April bin ich nach mehreren Wochen Home-Office kurz im Büro und finde ein Päckchen vom Spanischen Fremdenverkehrsamt vor. Darin die richtige Urkunde, für die „Reisereportage in bundesweiten Medien“ – dafür waren zwölf Kandidaten im Rennen, und der falsche Pokal, für die „Reisereportage in regionalen Medien“. Es stellt sich heraus, dass in der Poststelle des Fremdenverkehrsamts die beiden Pokale verwechselt wurden. Irgendwann, wenn eine Art von Normalität einkehrt, werden sie zurückgeschickt und korrekt neu verteilt. Es sind halt besondere Zeiten.
Fotos: Ingolf Hatz
Herzlichen Glückwunsch für diese Auszeichnung, lieber Helmuth!
Ich denke sehr oft und gerne an unsere Zusammenarbeit zurück und war ja bereits sehr stolz darauf, dass deine Reportage bei den Lesern so gut ankommt. Und nun auch noch dieses Auszeichnung! Ein gutes Zeichen für die Zukunft des achtsamen Tourismus, der der Destination neugierig und respektvoll begegnet und die lokale Wirtschaft stärkt. In Zukunft wichtiger denn je!
Viele Grüsse aus Mallorca!
Caroline