An der ADAC Zentrale in München-Sendling kämpfte man über Jahre mit einer Mäuse- und Taubenplage. Heute vertreiben Turmfalken die unerwünschten Gäste. Wie es dazu kam, erzählt Klaus Greiling, Leiter der Haustechnik und Hausmeisterei und begeisterter Hobby-Ornithologe, im Gespräch mit der ADAC Redaktion.
Herr Greiling, seit ein paar Jahren sieht man immer wieder Turmfalken am Gebäude unserer Zentrale. Sie starten ihre Rundflüge von einem Nistkasten aus, der sich hoch oben im ADAC Turm befindet. Wie kam man beim ADAC auf die Idee, Turmfalken anzusiedeln?
Klaus Greiling: Als ich vor vier Jahren die Leitung der Haustechnik und Hausmeisterei der ADAC Zentrale in München-Sendling übernahm, berichtete mir mein Hausmeisterteam, dass man seit Jahren unter einer Mäuseplage leide. Vor dem Gebäude des ADAC gibt es eine große Grünfläche und mittlerweile auch Beete mit Wiesenblumen. Hier trieben die Mäuse ihr Unwesen, fraßen die Zwiebeln der Blumen und die Wurzeln der Bäume an. In der Dachzentrale hatten wir zudem Hygieneprobleme mit Tauben, die hier ihren Dreck hinterließen. Na ja, die Problematik kennt man ja aus vielen Großstädten.

Niedlich und gefräßig zugleich: Wühlmäuse in den Grünanlagen der ADAC Zentrale.
Foto: iStock
Die Mäuse mit Gift zu vertreiben, war keine Option?
Nein, das hätte der Philosophie unseres Hauses widersprochen. Seit die ADAC Mitarbeiter im Jahr 2012 die Zentrale bezogen haben, entstanden zahlreiche Projektteams im Haus, die sich mit einer nachhaltigen Nutzung des Gebäudes beschäftigen. Hierzu gehört zum Beispiel auch die Begrünung des Flachbaus, auf dessen Dach wir Gemüse anbauen und im Sommer Tausende von Honigbienen ausschwärmen. Denn der Dachgarten beheimatet mittlerweile auch neun Bienenvölker.
Woher stammt Ihre Erfahrung, dass man mit Turmfalken Mäuse und Tauben vertreiben kann?
Ich bin seit vielen Jahren ein leidenschaftlicher Hobby-Ornithologe. Daher wusste ich, dass der Turmfalke in vielen Städten und Gemeinden erfolgreich bei der Mäuse- und vor allem der Taubenvergrämung eingesetzt wird.
Wie gingen Sie vor?
Zunächst einmal baute ich zu Hause einen Brutkasten, mit dem die Turmfalken angelockt werden sollten. Der Turmfalke errichtet sich nämlich kein eigenes Nest. Er sucht sich einen Platz zum Brüten – bevorzugt in Spalten und Höhlen, manchmal nutzt er auch verlassene Nester. In der Stadt dienen dem Turmfalken Gebäudenischen oder Mauerlöcher als Nistplätze. Häufig nisten die Vögel in Kirchtürmen oder an Hochhäusern.
Der Turmfalke fühlt sich also in einer Großstadt wie München durchaus wohl?
Ja, der Turmfalke hat längst auch die Stadt als Lebensraum erobert. Er wird als der Städter unter den Greifvögeln bezeichnet und ist ein sogenannter Kulturfolger, der den Lebensraum des Menschen und somit auch die Stadt für sich erobert hat. In Berlin sollen allein zwischen 200 und 300 Brutpaare leben. Auch in München wohnen und nisten Turmfalken, zum Beispiel in den Türmen der Frauenkirche.
Die Falken nutzen bevorzugt „natürliche“ Nistmöglichkeiten in Mauernischen an alten Bauwerken. Diese werden jedoch zunehmend saniert. Moderne Hochhäuser weisen meist zu wenig Höhlungen auf, um dem Turmfalken als Nistmöglichkeit zu dienen. Entsprechend brütet in Berlin mittlerweile der Großteil der Vögel in gezielt für sie angebrachten Nisthilfen.

Turmfalken sind in der Großstadt längst heimisch geworden. Foto: Adobe Stock
Wo genau haben Sie den Nistkasten am Gebäude der ADAC Zentrale angebracht?
In der 22. Etage des ADAC Turms, also in einer Höhe von etwa 90 Metern. Hier gibt es eine Einhausung für technische Anlagen. Das war der perfekte Platz für unseren Brutkasten.
Wann zog das erste Falkenpaar in Ihren selbst gebauten Nistkasten ein?
Wenige Wochen, nachdem wir den Kasten angebracht hatten, entdeckten meine Mitarbeiter den ersten Falken am Gebäude. Was erstaunlich war, denn wir haben den Brutkasten erst Ende April angebracht. Das ist eigentlich zu spät, denn die Brutzeit der Turmfalken beginnt bereits Anfang April. Deshalb würde ich jedem empfehlen, der ein ähnliches Projekt wie wir beim ADAC plant, die Nistkästen für den Turmfalken schon zu Beginn des Jahres aufzuhängen.

Wer zu Beginn des Jahres einen Nistkasten aufhängt, kann sich mit etwas Glück schon bald über Turmfalken als Gäste freuen. Foto: Adobe Stock
Und wie erfolgreich war denn nun der Turmfalke als Mäusejäger?
Die Falken, die wir mit unserem Nistkasten angesiedelt haben, sind bis heute sehr erfolgreich! Schon nach kurzer Zeit stellten wir fest, dass die Mäusepopulation beträchtlich zurückging. Wir hatten auch deutlich weniger Tauben am Gebäude.
Aber Tauben gehören eigentlich nicht zum Beuteschema des Turmfalken, oder?
Das stimmt. Tauben stehen eigentlich nicht auf dem Speiseplan der Turmfalken. Die Raubvögel ernähren sich überwiegend von Mäusen. Doch die Tauben fürchten sich trotzdem vor ihnen und bleiben fern. In München ist man zum Beispiel schon ganz gezielt mit Turmfalken auf Taubenjagd gegangen. Als sich vor ein paar Jahren in der Shoppingpassage unter dem Stachus immer mehr Tauben ansammelten, engagierte man einen Falkner, der mit seinen Tieren auf Taubenvergrämung spezialisiert ist. Dieser lässt sein Tier über ein paar Wochen immer mal wieder durch die Gänge fliegen. Allein das verjagt die ungebetenen Gäste. So weit mussten wir aber beim ADAC gar nicht gehen. Bereits ein einziges Turmfalkenpaar hat das Problem für uns gelöst – ganz nachhaltig und ohne großen Aufwand.

Ein einziges Turmfalkenpaar hat die Mäuse und Tauben von der ADAC Zentrale vertrieben. Foto: iStock
Autorin: Nicole Knaupp; Aufmacherfoto: Adobe Stock
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