Mahbod Asgari, Vorstand der ADAC SE, berichtet von seiner Führungserfahrung im coronabedingten Homeoffice.
Beim ADAC haben wir Mitte März Homeoffice angewiesen, wir sind jetzt also schon in der dritten Woche zu Hause. Mir fehlen inzwischen die unmittelbaren beruflichen und persönlichen Kontakte, und natürlich haben viele Kollegen Sorgen – da muss ich als Führungskraft meinen Mann stehen und die Situation managen. Deshalb blende ich viel aus, aber natürlich mache auch ich mir Gedanken, vor allem über die Gesundheit meiner Familie.
Viel am aktuellen Führen aus der Ferne fühlt sich für mich vertraut an. Ich habe meinen Mitarbeitern schon immer viel Verantwortung übertragen, das hilft uns jetzt. Mir geht es ums Ergebnis, nicht um den Weg dorthin – über den müssen die Kollegen selbst entscheiden. In unserem Team haben wir schon immer viel übers Handy geregelt, wir schreiben uns SMS, machen Termine nach Bedarf – wenn was Dringendes ist, dann rufen die Kollegen mich an. Also sind wir die Arbeitsweise in der Corona-Situation schon ein bisschen gewohnt.
Anders ist es mit meiner Sekretärin und meiner Assistenz, wir hatten jeden Tag Kontakt, der fehlt mir jetzt. Wir können uns nicht mehr schnell etwas zurufen, der Abstimmungsbedarf steigt. Und ich muss jetzt meine Ablage teilweise selbst erledigen, das ist auch gewöhnungsbedürftig.
Zwischenmenschliche Störungen sind aus der Ferne schwierig zu moderieren
Bei uns im Unternehmen versuchen alle, so konzentriert wie möglich zusammenzuarbeiten, Dinge abzustimmen und voranzutreiben. Und das klappt auch recht gut. Zwischenmenschliche Störungen sind aber ohne direkten Kontakt wahnsinnig schwierig zu moderieren. Das ganz ohne Augenkontakt und Körpersprache zu machen, empfinde ich als total schwierig.
Alle Mitarbeiter müssen sich jetzt viel öfter selbst überlegen, was die wichtigsten Themen und Ziele sind, auch spontan entscheiden. Ist etwas wirklich wichtig, muss ich mit dem Thema auch andere Kollegen belästigen? Diese Fragen stellt man sich jetzt viel öfter. Mein Eindruck ist, dass Führungskräfte, die Verantwortung schon vor dieser Krise nach unten abgegeben haben, sich jetzt viel leichter tun. Das braucht natürlich auch ein Umfeld, das auf Eigenverantwortung, ständiges Lernen und gute Fehlerkultur setzt. Als Chef kann ich jetzt noch weniger als vorher alles sehen und vorgeben.
Bisher war ich wenig mit Skype oder Teams unterwegs, ich hatte viele direkte Meetings, die Kollegen kamen zu mir ins Büro. Per Videokonferenz sind Meetings tatsächlich teilweise effizienter, es sagt nicht mehr jeder zu allem was, sondern nur, wenn er was zu sagen hat. Das hat sich bewährt, um Themen kurz abzustimmen. Wir reden ja immer über agiles Arbeiten in virtuellen Teams – da machen wir jetzt eine erzwungene Live-Erfahrung.
Mahbod Asgari verantwortet in der ADAC S.E. den Vorstandsbereich Mobilität, Automotive und Reisen. Dazu gehören zum Beispiel die ADAC Autovermietung und der ADAC Truck Service.
Text: Thomas Paulsen
Foto: Thomas Paulsen