Stefan Grabmaier ist Projektleiter im Fahrzeugtest im ADAC Technikzentrum Landsberg am Lech. Sein Lieblingsthema: Fahrrad und Pedelec. Seinen Alltag bestimmen spannende Prüfungen, die Zusammenarbeit mit internationalen Kollegen, dankbare Verbraucher und manchmal auch wütende Hersteller.
Als ich vor 15 Jahren beim ADAC anfing, stieg ich mit einem Fahrradhelm-Test für Erwachsene in den Verbraucherschutz ein – nicht gerade typisch für einen Automobilclub. Als Einzelkämpfer in meiner Branche musste ich mir schon oft die Frage gefallen lassen, warum ich als ADACler ausgerechnet mit Fahrrad-Tests daherkomme.
2011 gab es die ersten Pedelecs, also Räder mit elektrischem Rückenwind. Ich kann mich gut erinnern, dass die anfangs eher als Feindbild gesehen wurden: „Nein danke, ich trete lieber selbst“, hieß es etwa. Damals war das Thema E-Bike weder in der Öffentlichkeit noch beim ADAC richtig präsent, der heutige Boom ließ sich nicht absehen. Generell haben Mobilitäts-Themen abseits des Autos in den letzten Jahren deutlich an Attraktivität gewonnen. Und durch unsere langjährige Expertise wird uns in der Fachwelt hier mittlerweile hohe Kompetenz zugesprochen.
Elektrisierendes Thema: Pedelecs
Da ich in Fahrrad-Entfernung vom ADAC Testzentrum in Landsberg wohne, nutze ich oft und gern ein Pedelec für meinen Arbeitsweg. Das bietet mir die Möglichkeit, viel eigene Erfahrung zu sammeln. Mit den Rädern selbst, mit Helmen, und zu Probezwecken kupple ich schon mal einen Anhänger an. Neben den Fahrradhelmen und verschiedensten Radtypen kümmere ich mich auch um Dach- und Heckboxen fürs Auto, Fahrradheckträger, Fahrradanhänger oder teste Motorradhelme.
Ein Verbraucherschutz-Test beginnt dort, wo die dazugehörige DIN-Norm aufhört. Das heißt, ich prüfe nicht, ob ein Rad oder das Produkt die Norm erfüllt, sondern versuche, mehr Informationen für unsere Mitglieder und die Verbraucher zu erarbeiten. Beispielsweise, wie hoch die Gefahr ist, das Kind beim Schließen des Kinderhelms „einzuzwicken“, oder ob die versprochene Reichweite eines Pedelecs überhaupt erreichbar ist.
Beim Fahrrad-Test brach die Gabel
Unsere Arbeit schützt die Käufer vor Schäden, sei es finanzieller Art oder, noch wichtiger, vor möglichen Unfällen. Kürzlich wurde ein Pedelec aufgrund unserer Testergebnisse zurückgerufen – weil die Gabel gebrochen war. So bewahren wir unsere Mitglieder und die Verbraucher vor gefährlichen Situationen. Wir unterstützen die Käufer aber nicht nur bei der Auswahl des richtigen Produkts, sondern sorgen auch für eine kontinuierliche Verbesserung des Angebots. Denn die Hersteller nehmen oft die von uns festgestellten Verbesserungspotenziale auf und entwickeln ihr Produkt entsprechend weiter.
Projekte beschäftigen mich bis zur Veröffentlichung mehrere Monate. Ich fange mit einer Produktrecherche an, es folgt die spezifische Auswahl der Produkte, der Einkauf im Einzelhandel. Wir kaufen die Testprodukte ja wie ein normaler Verbraucher im Laden oder im Internet, um mögliche Manipulationen seitens der Hersteller auszuschließen.
Zusammenarbeit mit externen Experten
Dann folgt der Test selbst. Fast alle Untersuchungen führe ich im Landsberger Testzentrum durch. Ich prüfe die Fahrleistung auf definierten Strecken, den Komfort und sicherheitsrelevante Aspekte wie die Rahmensteifigkeit oder etwa die Flatterneigung. Einige zusätzliche Prüfstände bauen wir im Moment sogar extra auf. Für manche Untersuchungen beauftrage ich spezialisierte Prüfpartner, beispielsweise für Schadstoffuntersuchungen, denn dafür sind wir in Landsberg nicht eingerichtet.
Nach dem Test folgen Auswertungen, Qualitätssicherungen und eine Ergebnisbesprechung mit dem gesamten Test- und Kommunikationsteam. Vor der Veröffentlichung erfolgt eine Herstellervorabinformation, um dem Hersteller die Möglichkeit zu geben, zu seinen Messergebnissen Stellung zu nehmen. Das gehört nicht nur zum guten Ton, sondern ist Teil der Praxis des guten Testens. Wir verbreiten die Ergebnisse im Internet auf adac.de und über Kanäle wie Facebook und Instagram, aber auch viele Fernsehsender berichten über meine Arbeit.
Viele Tests sind internationale Kooperationen
Die meisten Tests machen wir im europäischen Verbund. Da arbeite ich mit Partnerclubs zusammen, zum Beispiel dem holländischen Automobilclub ANWB, dem belgischen TCB, dem schweizerischen TCS oder mit dem finnischen Club Autoliitto. Besonders oft kooperieren wir mit unseren Kollegen des österreichischen ÖAMTC. Große Projekte finden auch in Kooperation mit der Stiftung Warentest oder mit dem österreichischen Verein für Konsumenteninformationen (VKI) statt. Diese Zusammenarbeit über Grenzen hinweg hilft nicht nur den Verbrauchern in den anderen Ländern, sondern macht auch richtig Spaß.

Ganz nah am Verbraucher: Stefan Grabmaier versucht, möglichst viele Informationen über ein Testobjekt zu erlangen, wie bei diesem Helm. ADAC/Ralph Wagner
Nach der Veröffentlichung gibt es viel positive Resonanz, interessierte Mitglieder oder Verbraucher bedanken sich. Oft hat das Testergebnis bei Unsicherheiten vor dem Kauf sehr geholfen, oder das Mitglied hat spezielle Detailfragen, die ich beantworten kann.
Manche Hersteller klagen gegen die Testergebnisse
Aber es gibt auch manchmal Ärger, wenn sich die Hersteller aufgrund schlechter Ergebnisse beschweren – das geht bis zur Klage. Kein Wunder, denn solche Veröffentlichungen sind meistens mit wirtschaftlichen Verlusten verbunden. Diese Verantwortung im Zuge eines Produkttests ist mir natürlich bewusst, aus diesem Grund nutzen wir auch ein umfassendes Qualitätsmanagement-System. So viel Bürokratie kann schon mal lästig sein, aber beschwert sich ein Hersteller, bin ich froh, auf das ausgefeilte und zertifizierte Qualitätsmanagement zurückgreifen zu können.
Das ist ein Punkt, der uns von vielen Zeitschriften oder Bloggern unterscheidet: Wir leben Qualität. Dadurch sind wir bei neuen Produkten ab und an etwas langsamer als manche Medien. Wir kaufen ein, wenn die Produkte wirklich im Handel sind, prüfen die Produkte aufwändig, sichern die Qualität der Ergebnisse und gehen erst dann in die Veröffentlichung. Das dauert einfach. Dafür ist auf die Ergebnisse aus unserem Testzentrum Verlass.
Im Moment arbeite ich an einem spannenden Projekt, es geht um Pedelecs. Die Ergebnisse werden im späten Frühjahr veröffentlicht, wir bereiten schon die Seiten im Internet vor. Ich freue mich sehr auf das Feedback der Nutzer. Aber auch auf das der Hersteller.
Hier findet ihr alle ADAC Informationen und Tests rund ums Fahrrad und E-Bike. Hier lest ihr, wie der Alltag einer Projektleiterin für Verbraucherschutz-Tests aussieht.
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