Das Angebot an Mobilitäts-Apps ist riesig, fast schon zu riesig. Jeder Anbieter trumpft mit Superlativen und Versprechen auf: schneller, einfacher, günstiger – und das mit nur einer App. 32 dieser Apps hat der ADAC näher unter die Lupe genommen. Das Resultat: Die ideale Mobilitäts-App gibt es noch nicht, jede weist Schwächen auf. Wie sich diese auf im Alltag auswirken, haben unsere Volontäre Anne und Sebastian mit einer Stichprobe von vier Mobilitäts-Apps getestet.
Wir beide sind keine gebürtigen Münchner, das macht uns zu den perfekten Versuchskaninchen. So wie viele Touristen kennen wir uns in einzelnen Stadtteilen kaum aus. Wie gut helfen Apps durch den Münchner Baustellenwahnsinn zum Feringasee in Unterföhring? Sebastian prüft MVG Fahrinfo München und Moovel auf Herz und Nieren, ich fordere den DB Navigator und Bayerninfo heraus. Alle Apps bedienen wir rein intuitiv, ohne vorab die (versteckten) Funktionen und Erweiterungen zu studieren.
Baustellenchaos und Schilderdschungel
Unsere Reise beginnt am Romanplatz, wo wir uns zunächst durch ein Baustellenchaos kämpfen müssen, um die richtige Haltestelle zu finden. Intuition und Orientierungssinn bringen uns schließlich zum Startpunkt – das glauben wir zumindest. Nach 15 Minuten fragen wir uns: „Sind wir hier überhaupt richtig?“ Laut Beschilderung ja, laut Auskunft eines Straßenbahnfahrers nein. Das Ende vom Lied: Die richtige Haltestelle befindet sich in einer Parallelstraße. Da wir die Wartezeit nutzen, um die Apps mit unseren Reisedaten zu füttern, können wir die vergeudeten 20 Minuten einigermaßen verkraften.
Überregional vs. regional: Was können DB Navigator und MVG Fahrinfo München?
DB Navigator (links) und MVG Fahrinfo München im Vergleich.
Die übersichtliche Nutzeroberfläche des DB Navigators erleichtert mir die Dateneingabe enorm. Nach wenigen Sekunden zeigt mir die App verschiedene Reiserouten an, die mit Bus, U-, S- und Straßenbahn den gesamten Münchner ÖPNV umfasst. Selbst das passende Ticket der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) bietet sie mir zum Kauf an.
Nicht nur Annes DB Navigator glänzt hinsichtlich der einfachen Bedienung. Auch MVG Fahrinfo München punktet mit einem übersichtlichen und funktionellen Startbildschirm. In Sekundenschnelle plant sie für das gewünschte Ziel verschiedene Routen, Umsteigezeiten und Fußwege in einem realistischen Rahmen. Das passende Ticket kann ich problemlos in der App erwerben. Selbst die Verfügbarkeit von Bike- und Car-Sharing-Angeboten in der unmittelbaren Nähe wird mir umgehend angezeigt. Begeisterung macht sich breit, der erste Eindruck ist mehr als positiv und scheint kaum Wünsche offen zu lassen.
Gut Ding will Weile haben?
An der richtigen Haltestelle angekommen, müssen wir weitere 2 Minuten auf die Straßenbahn warten. Laut DB Navigator dauert meine Reise 1 Stunde und 15 Minuten, mit zwei Umstiegen. Verspätungen zeigt mir die App leider nicht an, dafür jedoch den Minutentakt, in dem meine Straßenbahn fährt – sehr hilfreich, wenn man die Bahn zur vorgeschlagenen Zeit verpasst. Durch die verspätete Abfahrt kommen wir auch einige Minuten später als geplant am Hauptbahnhof an, wo wir in die U-Bahn umsteigen. Dementsprechend reduziert sich auch die angezeigte Umsteigezeit von 7 Minuten. Pluspunkt: Die App stellt mir eine Karte zur Verfügung, in der der Fußweg zur U-Bahn-Station eingezeichnet ist. Dort angekommen, müssen wir wieder einige Minuten warten, was mir der DB Navigator erneut nicht anzeigt. Wie sieht’s bei Sebastians App aus?
Auch ich vermisse bei der MVG App eine Echtzeitanzeige. Grundsätzlich ist die Funktion verfügbar, für unsere Route gibt es jedoch zunächst keinerlei Hinweise. So orientiere ich mich an den planmäßigen Abfahrtszeiten und schätze unterwegs, wie viel Zeit wir wohl zum Umstieg haben würden. Hier hat der DB Navigator klar die Nase vorn, mit der MVG App müsste ich mich auf den Zufall verlassen und hoffen, dass ich die U-Bahn rechtzeitig erwische.
Mit der U-Bahn fahren wir nun bis zur Richard-Strauss-Straße. Hier machen sich die Verspätungen besonders deutlich bemerkbar: Die vom DB Navigator kalkulierte Umsteigezeit von 5 Minuten verringert sich auf 2 bis 3 Minuten – viel zu wenig für einen Fußweg von 51 Metern inklusive Ampeln. Zu allem Überfluss nehmen wir auch noch den falschen Treppenausgang und landen auf der anderen Straßenseite. So können wir nur aus der Ferne zusehen, wie unser Bus abfährt – ohne uns. Die von der App bereitgestellte Karte mit dem eingezeichneten Fußweg zur Bushaltestelle ist hier keine Hilfe gewesen.
Auch die MVG App ist hinsichtlich Umsteigezeit und Fußweganzeige nicht hilfreich. Sie stellt mir zwar eine Karte zur Verfügung, diese verbindet die Haltestelle und den Zielort jedoch nur mit einer direkten Linie. Straßen und Wege, die man nutzen sollte, werden nicht angezeigt. Wäre ich allein, müsste ich mich auf meinen Orientierungssinn verlassen. Wieder ein Pluspunkt für den DB Navigator. Da wir unseren Bus verpasst haben, müssen wir 20 Minuten warten.
Ziel in Sicht
MVG Fahrinfo München: Zuverlässige Car-Sharing-Angebote.
Auf den letzten Kilometern unserer Route gibt es keine weiteren Vorkommnisse. Der Bus fährt uns zur Medienallee in Unterföhring, wie es die App vorschreibt. Dort endet meine Reise mit den öffentlichen Verkehrsmitteln, denn laut DB Navigator muss ich die restlichen anderthalb Kilometer zu Fuß zurücklegen. Glücklicherweise habe ich wenig Ballast in Form von Gepäck dabei, sodass der Fußweg kein Problem darstellt. Bei “echten” Badegästen, bepackt mit Strandtasche, Sonnenschirm oder Kinderspielzeug, sieht das sicher anders aus. Der DB Navigator leistet mir auf dem Weg sehr gute Hilfe: Mit der bereitgestellten Karte komme ich mühelos zum Feringasee.
Anders als Anne, müsste ich dank der MVG Fahrinfo München nicht zu Fuß gehen, zumindest theoretisch. Die App bietet mir dies zwar an, alternativ aber auch Bike- und Car Sharing-Angebote in der direkten Umgebung – und das sehr zuverlässig! Die angezeigten Daten stimmen mit den Fahrzeugen von MVV Bike Sharing und Drivenow überein und stehen exakt dort, wo sie mir die App anzeigt. Eine Reservierung oder Buchung ist problemlos möglich. Ein kleiner Wermutstropfen: Um die Sharing-Angebote zu buchen, benötige ich die Zusatzanwendung MVG More, die sich jedoch ähnlich übersichtlich und funktional präsentiert wie die MVG Fahrinfo München selbst. Car2go-Angebote, die ebenfalls in der Nähe verfügbar sind, bietet mir die App nicht an. Trotzdem: Ein klarer Sieg für die MVG Fahrinfo München.
Bayerninfo oder Moovel: Welche Mobilitäts-App bringt uns besser zurück?
Vom Feringasee soll es nun zurück zum Romanplatz gehen. Die Rückreise trete ich mit der App Bayerninfo an, die eher wie ein Routenplaner funktioniert. Zumindest kann ich bei der Dateneingabe zwischen Auto, öffentlichen Verkehrsmitteln, Park und Ride, Fahrrad und der Reise zu Fuß wählen. Ich möchte die öffentlichen Verkehrsmittel nutzen, innerhalb kürzester Zeit werden mir sechs Routen angeboten. Was sofort auffällt: Verspätungen werden bereits in der Übersicht direkt hinter den Abfahrts- und Ankunftszeiten angezeigt. Allerdings kann ich über diese App kein Ticket kaufen. Gemeinsam mit Sebastian entscheiden ich mich dafür, dieselben Verkehrsmittel wie auf der Hinfahrt zu nutzen. Laut Bayerninfo benötige ich dafür 1,25 Stunden und muss zweimal umsteigen. Den Fußweg und die Zeit zeigt mir die App im Detail an und zeichnet mir den Weg auch in einer Karte ein. Da ich mich am See nicht auskenne, empfinde ich diese Funktion als äußerst hilfreich.
Während Anne mit ihrer App den Weg zurück wieder zu Fuß antreten muss, zeigt mir Moovel alle in der Nähe zur Verfügung stehenden Mobilitätsangebote: ÖPNV, Car2go, Mytaxi, Nextbike und Drivenow (via Drivenow-App). Allerdings muss ich mich vor der Reiseplanung entscheiden, welche Verkehrsmittel ich nutzen möchte. Ein weiteres Manko: Es scheint nicht möglich, Moovel im Hintergrund laufen zu lassen und bei Bedarf wieder aufzurufen, um weitere Stationen des vorab gesuchten Reiseplans zu checken. Die App vergisst die gesuchte Route, beim Neustart werde ich direkt auf den Startscreen zurückgeworfen – ärgerlich! Zum Glück sind wir zu zweit, sodass ich in aller Ruhe die Daten erneut eingeben kann, während mir Anne den Weg weist.
Rückreise? #Läuft!
Moovel (links) und Bayerninfo im Vergleich,
Die Rückreise mit den öffentlichen Verkehrsmitteln beginnt dort, wo sie auf der Hinreise auch endete. Im Vergleich zur Hinfahrt verläuft unsere Fahrt weitaus entspannter. Auf den Bus müssen wir nicht lange warten, Verspätungen würde mir die Bayerninfo App direkt hinter der Abfahrtszeit anzeigen. Auch die (pünktliche) U-Bahn erreichen wir mühelos, wodurch ich sämtliche Ankunfts-, Umstiegs- und Abfahrtzeiten im Anschluss einhalten kann.
Moovel zeigt mir in übersichtlicher Kartenform die gewünschte Route an, macht auf Car- und Bike-Sharing-Angebote aufmerksam und informiert mich über die Fußwege zu den nächsten Haltestellen. Allerdings werde ich das Gefühl nicht los, dass Moovel in erster Linie auf Sharing-Angebote setzt. Auch die Mytaxi-Suche zeigt umgehend an, wie lange es dauern würde, bis ein Wagen vor Ort sein könnte. Der direkte Weg von A nach B wird hier bevorzugt, was im Hinblick auf die Herkunft der App durchaus Sinn macht. Ich kann mich über Moovel nicht beklagen, wenngleich sie sich in erster Linie als Plattform für Sharing-Angebote, Bike- und Car-Sharing-Standorte präsentiert. Nichtsdestotrotz bin ich mit der App zurück zum Romanplatz gekommen.
Unser Fazit zu den Mobilitäts-Apps
Auch wir können bestätigen, dass die perfekte Mobilitäts-App noch nicht auf dem Markt ist. Alle verwendeten Apps haben uns ans Ziel gebracht, weisen aber in irgendeiner Form auch Schwächen auf. Diese sind zwar zu verkraften, erkennen den getesteten Apps jedoch den Titel der „idealen Mobilitäts-App“ ab. Auch wenn die überregionalen Apps DB Navigator, Moovel und Bayerninfo ihr Soll erfüllen: Für eine Städtereise würden wir immer die von der betreffenden Stadt bereitgestellte ÖPNV-App nutzen. Bei unserer Fahrt durch München hat uns MVG Fahrinfo München hinsichtlich der Funktionen am meisten überzeugt.
Fotos: iStock.com/franckreporter; ADAC/Merker, Reeh
Die DB-App finde ich für den Alltag sehr praktisch. Sie zeigt Verspätungen und aktuelle Alternativen an und auch den Grund der Störung. Das beste finde ich aber ist, dass sie sehr schnell lädt – wenn man z. B. gerade am Bahnhof steht und nur eine halbe Minute Zeit hat um zu entscheiden, ob man in den Zug einsteigen sollte oder nicht, die App hat null-komma-nichts geladen. Wenn man aber eine umfassendere Reise plant, greife ich online auf die DB Ticket-Erstellung zurück. Der Trick dabei: in den Einstellungen die Umstiegszeit auf mind. 15 Minuten erhöhen. So findet man oft sehr viel Preiswertere Verbindungen und hat beim Reisen keinen Stress.
Da wir am Wochenende München besuchen, kommt dieser Bericht wie gerufen. Nach Ihrem Test werden wir uns die MVG Fahrinfo München App herunterladen und uns führen lassen.