Simone Saalmann arbeitet seit 1999 als Projektleiterin für ADAC Verbraucherschutz-Tests. Wie viel Arbeit in den Tests von Tunneln, Radwegen oder Autobahn-Raststätten steckt, und warum die beste Vorbereitung nicht vor bösen Überraschungen schützt.
“Meine Arbeit als Projektleiterin Test ist etwas sehr Sinngebendes. In den letzten Jahren hatte ich oft das Gefühl, dass ich etwas bewirken und zum Guten verändern konnte.
Nicht zuletzt auch wegen unserer Tunneltests führte die EU zum Beispiel Mindest-Sicherheitsstandards ein, durch die viele Tunnel nachgerüstet wurden. Beim Test 2015 schnitten alle von uns geprüften Tunnel daraufhin mit ‘gut’ oder ‘sehr gut’ ab.
Saubere Autobahn-Raststätten dank ADAC Tests
Richtig verbessert hat sich auch die Situation auf den Autobahn-Raststätten. Dort war es früher oft gruselig. Inzwischen hat sich gerade in der Hygiene und beim Essen viel getan. Auch die Barrierefreiheit und Familienfreundlichkeit sind jetzt auf den meisten Raststätten kein Thema mehr. Wenn ich meine Testdaten von früher und heute vergleiche, sehe ich wirklich gute Vorher-Nachher-Ergebnisse.
Bei meinem jüngsten Test ging es um Radwegbreiten. Ich verstehe, dass die Kommunen den vorhandenen Platz nicht so leicht zwischen Fußgängern, Auto- und Radfahrern aufteilen können. Gerade in Städten ist der Platz oft sehr begrenzt. Man sieht, dass viele trotzdem schon einiges für den Radverkehr getan haben. Aber in Anbetracht des ständig wachsenden Radverkehrs besteht weiterer Handlungsbedarf.
Die Tests werden mit externen Experten entwickelt
Die vielen Tests mache ich natürlich nicht alleine. Als erstes arbeite ich mich durch Richtlinien, Fakten, Gesetze und spreche mit Fachleuten. Dann suche ich das jeweils passende Ingenieurbüro, das den Test nach unseren Maßstäben durchführt. Diese externen Kollegen erarbeiten mit uns zusammen auch die Testmethodik.
Wenn wir etwas Neues testen, passieren meine Pläne zunächst einen sogenannten Fachbeirat. Das heißt, ich setze mich mit Fachleuten aus der Praxis zusammen, die meine Verfahren verabschieden. Beim Tunneltest etwa sind das unter anderem Prüfer von der Deutschen Montan Technologie, Brandschutzexperten, Planer, Politiker und auch Tunnelbetreiber. Ich erkläre dem Beirat, warum wir einen Test machen, beispielsweise wegen hoher Unfallzahlen. Dann zeige ich, wie und was genau wir testen wollen. Aus dem Beirat gibt es immer sehr hilfreiche Hinweise. Auf dieser Basis wird das Vorgehen dann angepasst.
Trotz guter Vorbereitung passiert oft Unvorhergesehenes
Vor dem Teststart informiere ich alle relevanten ADAC Bereiche, von den Fachabteilungen über die Regionalclubs bis hin zur Kommunikation. Es ist ganz wichtig, in der Öffentlichkeit für die entsprechende Resonanz zu sorgen, deswegen besprechen wir immer auch die optimale Verbreitung in den Medien.
Gleichzeitig gehe ich mit den Testern in einem Vortest die Fragebögen und Aufgaben durch. Ich möchte herausfinden, ob alle die Fragen gleich verstehen und identisch beantworten. Das ist sehr wichtig, um ein einheitliches Bild – etwa beim Raststätten-Test von der Hygiene – zu bekommen. Ich sitze da schon mal mit acht bis zehn Leuten mit einem Merkmalskatalog vor etlichen Fotos von Toiletten, und wir besprechen, ob ein Klo anhand der Vorgaben als ‘sauber’, ‘mäßig’ oder ‘verschmutzt’ gilt. Ich brauche ja absolute Objektivität in den Tests.
Im Laufe eines Tests passiert nicht nur immer wieder Unvorhergesehenes, sondern es geschehen auch skurrile Sachen. In Frankreich wurde etwa einem Tester vorgeworfen, die im Salat gefundene Kakerlake habe er selbst mitgebracht. Und in Italien wurde ein Tester vorübergehend als Terrorist festgenommen. Ein Radweg-Tester hatte einen Fahrradunfall, aus einem Ingenieurbüro wurden alle Laptops und aus einem Auto eine Kühltasche mit Proben gestohlen.
Die Testauswertung kann Monate dauern
Für mich geht’s in die Vollen, wenn die Tester ihre Ergebnisse abliefern. Dann hat das Testinstitut die Daten schon überprüft, und wir prüfen wir das Ganze noch mal zu zweit nach dem Vier-Augen-Prinzip. Dabei ist es mir wichtig, sämtliche Daten auf Plausibilität durchzuchecken. Wir wollen ja fair und richtig bewerten und niemandem einen Mangel ankreiden, der keiner ist.
Um diese Arbeit machen zu können, muss man sehr strukturiert und akribisch sein. Beim Fahrradtest habe ich mir allein 40.000 Fotos angeschaut. So eine Analyse dauert Wochen, manchmal Monate. Manche Fotos starre ich eine gefühlte Ewigkeit an, um die abgebildete Situation beurteilen zu können. Oder ich schaue in Street View nach, spreche noch mal mit den Testern …
Positive Reaktionen auf negative Testergebnisse
Für die Veröffentlichung der Ergebnisse werden die Testobjekte mit der Kamera eingefangen. Das Material geht dann an verschiedene Fernsehsender, die das Material veröffentlichen können.
Für das Aufzeigen von Missständen erlebe ich nach der Veröffentlichung bei Verantwortlichen manchmal sogar Dankbarkeit. Sie bekommen durch schlechte Ergebnisse oft mehr finanzielle Mittel oder Personal, um ihre Arbeit besser machen und Mängel beheben zu können. Das ist für mich eine Bestätigung und sehr befriedigend.”
Foto: ADAC