Testingenieur Markus Niesel erlebte im ADAC Technikzentrum Landsberg eine tierische Überraschung: Im Wrack eines chinesischen E-Autos entdeckte er ein Nest – und wurde spontan zum Vogelschützer.
Einen stillen, verschwiegenen Ort hatte sich die Amsel für ihr Nest nicht gerade ausgesucht, im Gegenteil: Die Rückseite der Crashhalle des ADAC Technikzentrums im Landsberger Industriegebiet bietet sich nicht einmal auf den zweiten Blick für eine ruhige Brut an. Und das ziemlich deformierte Wrack des chinesischen Elektrofahrzeugs Suda SA01, das von den ADAC Testingenieuren im Winter an die Wand gefahren worden war, scheint als heimelige Brutstätte genauso wenig geeignet.

Das Wrack wartete hinter der Halle auf weitere Tests, als die Amsel es zum Brutplatz auserkor und anfing, ein Nest zu bauen – mitten zwischen demolierten Fahrzeugen und Transportwagen, die neue Autos liefern und alte abholen. Dieser Ort schien dem Vogel aus irgendeinem Grund attraktiver als die normalerweise zum Nisten bevorzugten Bäume und Sträucher.
Vogelschutzgebiet für die Amsel ausgerufen
Das geschickt und liebevoll mit Ästen, Grashalmen und Moosen an der Lenksäule über dem Blinker aufgebaute Nest entdeckte ADAC Testingenieur Markus Niesel Ende Mai rein zufällig. Schnell informierte er die Kolleginnen und Kollegen, druckte ein „Vogelschutzgebiet“-Schild aus, laminierte es und brachte es deutlich sichtbar neben dem ADAC Logo an der Fahrertür an.
Das sollte für mehr Ruhe hinter der Crashhalle sorgen. Diese große Fürsorge war vielleicht auch dem Umstand geschuldet, dass der Testexperte selbst gerade in der Nestbau-Phase war und sein viertes Kind erwartete.

Das Wrack des chinesischen E-Fahrzeugs war noch für weitere Tests vorgesehen und sollte ausgerechnet jetzt abgeholt werden. Doch Markus Niesel jonglierte geschickt mit anderen Fahrzeugen, Untersuchungen und Terminen und überzeugte Vorgesetzte und Teammitglieder mit einem neuen Terminplan.
Der Wagen konnte vorläufig stehen bleiben – bis die Amselküken flügge sein würden. Die Jungvögel verlassen nach etwa 14 Tagen ihr Nest. Erst danach sollte der Wagen weiteren Tests unterzogen werden.
Einsame Eier im Autowrack
Von nun an beobachtete Niesel das Nest aus der Ferne, um die werdende Vogelfamilie nicht zu stören. Das Interesse im Testzentrum am gefiederten Nachwuchs war groß. Bei einem seiner Kontrollgänge bekam Niesel einen Schreck: Drei Eier lagen im scheinbar verlassenen Nest. Markus Niesel befürchtete, dass die Amseleltern doch zu sehr gestört worden und weitergezogen waren.
„Aber nach ein paar Tagen war die Amsel wieder da, vielleicht hatte sie ja nur Hunger und ist alleinerziehend“, vermutet der ADAC Testingenieur. Dann ging es rasend schnell: Wenige Tage später waren drei federlose Küken im Nest zu erkennen, ein paar Tage später hatten sie das erste Gefieder. Dann verließen sie das Nest – und suchen jetzt vermutlich ihrerseits abenteuerliche Nistplätze.
Markus Niesel allerdings kümmert sich inzwischen um seinen eigenen Nachwuchs, einen gesunden Jungen, und der Suda folgt nun seinem veränderten Termin- und Testplan.
Fotos: ADAC
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